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DIE DREI FARBEN TRILOGIE von Krzysztof Kieslowski - Dritter und letzter Film: ROT

 
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 DIE DREI FARBEN TRILOGIE von Krzysztof Kieslowski - Dritter und letzter Film: ROT

Jedesmal wenn ich mir vornehme diese Trilogie anzusehen, bzw. ich immer vor der nächsten Filmsichtung stehe, denke ich, immer etwas ganz besonderes vor mir zu haben. Und das ist es auch. Vor ca. einem Jahr sah ich sie zum letzten mal. Nun habe ich diese Trilogie auf Bluray und aus diesem Anlass ist es mir eine Ehre Kieslowskis filmisches Vermächtnis entsprechend zu würdigen, indem ich diesen speziellen Filmthread dazu gestalte. Bestimmte Lieblingsfilme oder besondere Filme sehe ich mir immer wieder in Abständen an. Diese Trilogie gehört dazu. Gestern Abend war es dann mal wieder soweit und ich schaute den 1. Film. Aber der Reihe nach.

DIE DREI FARBEN TRILOGIE
von Krzysztof Kieslowski

Kieslowski stammte aus Polen und als Filmregisseur interessierte er sich sehr für Menschen in gesellschaftlichen Strukturen. Schon früh erwies sich Kieslowski als guter Beobachter. Eines seiner berühmtesten Filmwerke dürfte der zehnteilige DEKALOG 1988/89 sein, wo er anhand der alttestamentarischen Zehn Gebote, 10 voneinander unabhängige Geschichten aus dem damaligen gegenwärtigen Alltag der Menschen thematisierte und die Bedeutung dieser Zehn Gebote in der modernen Massengesellschaft hinterfragte. Die Dekalog-Kurzfilme hatten jeweils eine Laufzeit von ca. knapp 60 min. Zwei Filme wurden damals ausgekoppelt und kamen als längere Spielfilme in die Kinos. EIN KURZER FILM ÜBER DAS TÖTEN, aus Dekalog Nr. 5 und EIN KURZER FILM ÜBER DIE LIEBE, aus Dekalog Nr. 6. War Kieslowski eh kein Unbekannter mehr, so machten diese beiden Filme auf diversen Filmfestspielen Furore. Cineasten, Arthausfreunde und Kritiker waren gleichermaßen positiv davon angetan. Sein nächster Film war DIE ZWEI LEBEN DER VERONIKA (POL/FRA/DEU 1991) und es war sein erster Film außerhalb von Polen. Aber nun zu dieser Trilogie hier. In dieser Drei Farben Trilogie befasste sich Regisseur Krzysztof Kieslowski mit den Werten der französischen Revolution und wie sie sich mit den Farben der Trikolore (französische Natinalflagge) verbinden.

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Meine drei Filmprogramme aus Österreich

BLAU = Freiheit
WEISS = Gleichheit
ROT = Brüderlichkeit

Anhand der Trilogie hinterfragte Kieslowski nun die historisch überlieferten Ideale, indem er diese an das Alltagsleben der Menschen in den 90er Jahren bzw. an das ausgehende 20. Jahrhundert bindete.

am 15.03.2018 um 19:10:32 Uhr
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Antwort von GrafKarnstein
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DREI FARBEN: BLAU
(Trois Couleurs: Bleu)
Frankreich 1993

Juliette Binoche - JULIE // Benoit Régent - OLIVIER
Florence Pernel - SANDRINE // Charlotte Véry - LUCILLE

Regie: KRZYSZTOF KIESLOWSKI

Laufzeit: ca. 98 min (Bluray)



Ein Auto fährt durch einen Tunnel, dann auf der Landstrasse. Ein junger Mann steht während dessen am Fahrbahnrand. Das Auto fährt an ihm vorbei und während er nicht weiter darauf achtet, hört er wie es scheppert und kracht. Er sieht, das dass Auto voll gegen einen Baum gefahren ist und dementsprechend völlig demoliert ist. Er rennt hin, schaut kurz, nur um Sekunden später sich zu entfernen.

Abblende, Aufblende und Szenenwechsel

Man sieht eine Frau im Bett eines Krankenhauses liegen. Es ist Julie und sie muß vom Arzt erfahren, das ihr Mann und ihre kleine Tochter den Unfall nicht überlebt haben. Sie war die Frau eines berühmten Komponisten und sein Tod ist für die Kulturwelt ein Schock und löst allgemeine öffentliche Trauer aus. Sie zieht sich zurück und denkt kurze Zeit später an Selbstmord, aber sie schafft es nicht eine beträchtliche Anzahl von Tabletten, die sie sich in den Mund gestopft hat zu schlucken. Sie zieht sich innerlich noch mehr zurück. Als Julie genesen ist, will sie alles hinter sich lassen. Sie weist ihren Anwalt an, den Landsitz, das Haus und all ihre Habe zu verkaufen. Die Partitur für das große Europakonzert, das ihr Mann nicht mehr vollenden konnte, vernichtet sie. Julie schließt mit allem ab. Mit Olivier, der schon vorher in sie verliebt war, verbringt sie eine Nacht. Aber schon am nächsten Morgen, macht sie ihm klar, das sie wie jede andere Frau sei und er sie nicht vermissen wird. Das wars und Julie verschwindet, bricht radikal und konsequent alle Brücken hinter sich ab.

Während Julie sich extrem isoliert und eine Wohnung mietet, so wird andererorts fieberhaft nach einer Vollendung der Partitur gesucht. Olivier hatte mit dem Komponisten ein wenig zusammen gearbeitet und will die Partitur zu ende schreiben. Julie interessiert sich derweil nicht mehr für ihre Umwelt und die Menschen. Eines Tages jedoch hört sie einen Strassenmusikanten eine Melodie spielen, die ihr irgendwie bekannt vorkommt. Seit dem glaubt sie überall die Musik des anstehenden großen Europakonzerts zu hören. Die Welt, aus der sie entflohen war, meldet sich plötzlich zurück.


Die drei Farben, Blau, Weiss und Rot symbolisieren die Trikolore, der französischen Nationalflagge. Blau steht für Freiheit und um die ging es dem Regisseur K. Kieslowski im 1. Teil seiner Drei Farben Trilogie. Julie wählt eine Freiheit, die extrem ist, indem sie sich für die Einsamkeit entscheidet und keine Bindungen mit anderen mehr eingeht. Sie interessiert sich nur noch für sich selbst und ihre Umwelt nimmt sie gar nicht mehr wahr, da diese für sie nicht mehr von Interesse ist. Kieslowski verdeutlicht dies mit seiner Bildsprache, indem er u.a. viele Groß- und Nahaufnahmen von Julie einbaute. Der Zuschauer sollte auf diese Weise den Schmerz, Tod, Einsamkeit und die völlige Leere Julies spüren. Ferner gibt es immer wieder zwischendurch Szenen, wo die Farbe Blau dominierend ist. Blau taucht u.a. dann auf, wenn Julie mit etwas aus ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Das trifft auch in etwa zeitgleich auf die Musik zu, die immer zu solchen Momenten zu hören ist. Dann lässt Kieslowski die jeweiligen Szenerien ausblenden, um sie dann wieder aufblenden zu lassen, wenn Julie eine Entscheidung getroffen hat. All das konzentriert den Zuschauer auf Julie und läßt ihn fast spürbar das fühlen und erleben, was sie fühlt und erlebt. Das mag diesbezüglich ein ziemlich extremes Drama sein, aber Kieslowski wußte ganz genau, was er wie wollte. Anläßlich der Premiere seines Film ca. November 1993, nahm Kieslowski Stellung zum Begriff Freiheit, Zitat:

"Es gibt sie nicht, die persönliche Freiheit. Wir können nur davon träumen, wir können davon sprechen, wenn jemand dazu Lust hat. Aber in Wirklichkeit gibt es eine wahre persönliche Freiheit nicht. Wir sind abhängig von vielen Dingen und von uns selbst auch, von unseren eigenen Schwächen, unseren eigenen Unzulänglichkeiten, unseren Gefühlen und Emotionen. Deshalb finde ich, es ist ein Abstraktum. Und übrigens: So richtig frei sein wollen wir ja gar nicht. Wir sprechen lediglich davon. In Wirklichkeit wollen wir gar nicht frei sein. Was ist überhaupt Freiheit? Bedenkt man, daß alle Bindungen mit der Welt eine Abhängigkeit darstellen, die Abhängigkeit aber ein Gegensatz zur Freiheit ist, was ist dann Freiheit? Sie könnte bedeuten, jegliche Bindungen loszuwerden. Was heißt das aber? Es gibt viele Romane und viele Filme, die über Menschen berichten, die vor der Welt flüchten. Diese Menschen suchen nach Freiheit, ringen darum, weil sie genug haben von dem Druck, der sie belastet. Und dann gibt es noch eine zweite Möglichkeit, es könnte auch bedeuten, daß ein Mensch infolge eines Ereignisses von Bindungen und Abhängigkeiten losgesprochen wird. Diesen Eingriff haben wir der Geschichte zugrunde gelegt. Julie wird um zwei Personen beraubt, die sie geliebt hat. Das ist ein Unfall oder ein Zufall, alles andere ist ihre eigene Entscheidung. Sie selbst spricht sich frei von allen Bindungen, Abhängigkeiten und Beziehungen zur Welt. Sie reißt sich davon los. Ihre Entscheidung hängt letztlich mit dem Bedürfnis zusammen, weiter am Leben zu bleiben."

Um diese schwierige Figur Julie darzustellen, bedurfte es einer Schauspielerin, die wirklich dazu imstande war, das spürbar zu vermitteln und darzubieten. Juliette Binoche war es zu 100%. Eine Ausnahme-Darstellerin, die alles gab und ihre Intimität für diesen Film zur Verfügung stellte. Juliette bezeichnete dies kurz nach den Dreharbeiten, als eine Operation am offenen Herzen. Dabei klärten Binoche und Kieslowski vorher das Problem, wie man den Verlust, den Schmerz, die Trauer und eine innere Einsamkeit im Film darstellt. Wie bewerkstelligt man sowas und stellt dies anhand der Szenerien bildlich dar? Beide wählten den inneren Monolog, denn Julie ist nach dem Verlust ziemlich wortkarg. Wenn sie etwas zu sagen hat, dann fasst sie sich kurz. Dazu Binoche im französischen Cinéma, im September 1993, Zitat:

"Sie ist jemand, der sich nicht durch Worte verteidigen kann, es gibt da zuviele Schmerzen. Es ist unmöglich, Worte zu finden und sie der Ungerechtigkeit gegenüberzustellen, diesen Wunsch zu sterben. Selbst, wenn sie sich nicht umbringt, so bleibt immer das Verlangen, zu verschwinden, zu fliehen."

Durch J. Binoches Spiel mit all ihren Gesichtsausdrücken, Gesten und Mimiken, werden die Gefühle Julies sichtbar gemacht. Da bedurfte es keiner überflüssigen Dialoge mehr, denn dies reicht vollkommen aus und man versteht es auch so. Julie kann man auch als einen extremen Charakter bezeichnen, die nichts mehr an sich heran lassen will. So weist sie die Liebe von Olivier zurück, um das Bild, was er sich von ihr gemacht hatte, als Illusion zu zerstören. Die Zeit vergeht jedes mal wie im Fluge, Juliette im Film zu sehen, so wunderbar ist sie und ihr Spiel. Dabei hatte Kieslowski die Rolle der Julie zuerst Julie Delpy angeboten, die aber widerum im 2. Teil dabei war. J. Delpy lehnte ab, weil sie, wie sie selbst im damaligen Interview zugab, dieser Charakter nichts für sie gewesen sei, da sie mit dieser Frauenfigur nicht klar kam und es ihr zu schwierig war. Mademoiselle Binoche hingegen lehnte damals widerum eine Rolle in Spielbergs Film Jurassic Park ab, da sie zugunsten von Drei Farben Blau viel lieber in diesem 1. Teil mitwirken wollte. Das reizte sie vielmehr und das passte auch 100%ig zu ihr.

Die Bluray Ausgabe vom Label Concorde

Kieslowski arbeitete hier auch mit symbolischen bedeutungsvollen Szenerien, die möglicherweise auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar sein mögen. Für ca. 5 Sekunden lenkt Kieslowski beispielsweise die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf einen Zuckerwürfel. Julie, die im Restaurant sitzt hält diesen ein wenig in die Kaffeetasse und der Würfelzucker saugt sich voll. Dann lässt sie ihn in die Tasse fallen. Julie sitzt zwar im Restaurant, befindet sich somit unter Menschen, nimmt diese aber nicht wahr, da sie mit sich selbst und dem Würfelzucker beschäftigt ist. Anhand dieser kurzen Szenerie wollte Kieslowski einmal mehr verdeutlichen, wie Julie sich von der Umwelt abgeschirmt hat und bezieht auch hier wieder den Zuschauer mit ein. Oder ein weiteres Beispiel: Da will eine kleine alte und gebrechlich aussehende Frau eine leere Flasche in den Flaschencontainer tun, was ihr nur sehr mühsam gelingt, indem sie diese zumindest in die Öffnung schieben kann. Julie ist dabei ganz in der Nähe, sieht die Frau aber nicht, da sie die Augen geschlossen hat und ihr Gesicht den Strahlen der Sonne hingibt. Auch hier ist Julie mit sich selbst beschäftigt, aber auch niemand anderes hilt dieser alten Frau. Diese alte Frau, weitere Flaschen und den Container wird man in den beiden weiteren Filmen ebenfalls noch zu sehen bekommen. Das trifft auch auf die Hauptprotagonisten aller drei Filme zu die, wenn man genauer aufpasst, ebenso in allen drei Filmen auftauchen. Anhand dieser Trilogie, die man im Grunde als Ganzes verstehen und nachvollziehen kann oder sollte, zeigt sich die Genialität von Kieslowski. Doch davon später, in den weiteren Filmvorstellungen, die dann hier demnächst folgen werden.

Fortsetzung folgt..........!

GrafKarnstein

am 15.03.2018 um 19:11:17 UhrZitieren  Melden
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DREI FARBEN: WEISS
Trois Couleurs: Blanc
Frankreich/Polen 1993

Zbigniew Zamachowski - KAROL // Julie Delpy - DOMINIQUE
Janusz Gajos - MIKOLAJ // Jerzy Stuhr - JUREK

Regie: KRZYSZTOF KIESLOWSKI

Laufzeit ca. 92 min (Bluray)



Ein Mann geht etwas unbeholfen und unentschloßen vor dem Justizgebäude in Paris auf und ab. Zwischendurch sieht man einen großen braunen Koffer auf dem Fließband des Flughafens. Der Mann ist Karol, ein Pole und nach einigem zögern geht er ins Gebäude. Er muß zum Scheidungsgericht, da seine Frau Dominique die Scheidung will. Begründung: Sie sagt, das die Ehe nie vollzogen wurde und beide nicht miteinander geschlafen haben. Karol sieht das etwas anders, denn vor der Hochzeit funktionierte alles sexuell. Aber für ihn ist das Ganze eine Farce und fragt den Richter, wo denn da noch die Gleichheit sei? Der Richter hebt diese Ehe dennoch auf. Das war es, denn Dominique gibt ihm seinen Koffer und verschwindet mit ihrem Auto, während Karol ohne alles, nur mit seinem Koffer zurück bleibt. Er verliert alles: Den Friseursalon, seine Frau und Papiere hat er auch nicht mehr. Auch ein wenig Geld ist ihm nicht mehr vergönnt, denn der Geldautomat will ihm nichts geben. Am Bankschalter wird seine Karte für ungültig erklärt und vor seinen Augen radikal zerschnitten. Allein und ohne Habe sitzt Karol auf der Straße, aber er hat noch den Schlüssel zum Friseursalon, in dem er übernachtet. Am Morgen betritt Dominique den Laden. Anstatt sich feindlich gesinnt zu sein, versuchen sie sexuell zusammen zukommen. Aber Karol kann nicht, zu verfahren ist die Situation für ihn. Dominique zündet daraufhin die Vorhänge an und kündigt Karol an, das er nun als Brandstifter von der Polizei gesucht werden würde. Karol macht, das er wegkommt.

Karol sitzt später im Vorraum der Metro und versucht ein paar Franc zu verdienen, indem er mit seinem Kamm Musik macht. Dabei macht er die Bekanntschaft mit Mikolaj, einem Landsmann. Dieser will ihm helfen, indem er Karol einen Auftragsmord für Geld anbietet. Karol lehnt dies ab, denn er will aus Frankreich fort und lieber wieder zurück nach Polen. Aber ohne Papiere ist dies schwer, aber ihm kommt die Idee, das Mikolaj ihn im Koffer nach Polen schmuggeln kann. Gesagt und getan, aber als Mikolaj in Polen ankommt, ist der Koffer verschwunden und somit auch Karol. Eine Diebesbande hatte am Flughafen einige Koffer gestohlen. Als sie Karol im Koffer entdecken, nehmen sie ihm auch noch u.a. seine Uhr weg, schlagen ihn und lassen ihn wie Müll auf der Müllhalde liegen. Karol begibt sich nach Hause, zu seinem Bruder Jurek, der nach wie vor den Friseursalon betreibt. Karol ist ebenfalls gelernter Friseur und als solcher hatte er schon mehrere Preise gewonnen, was seine Urkunden belegen. Er nimmt seine Tätigkeit wieder auf, aber gleichzeitig arbeitet er kurzfristig als Bodyguard. Er trifft Mikolaj wieder und da Karol Geld für den Kauf einiger Ländereien benötigt, nimmt er nun diesen Auftragsmord an.



Dies ist der 2. Teil von K. Kieslowski und seiner Drei Farben Trilogie. Hier ging es ihm um den Begriff Gleichheit und allein schon zu Beginn führt er dieses Ideal ad absurdum, indem er mit einer Gerichtsverhandlung beginnt, wo sich Mann und Frau gegenüberstehen. Karol ist Pole und versteht nicht so gut französisch. Seine Noch-Ehefrau ist Französin und während der Verhandlung muss ihm ein Dolmetscher alles übersetzen. Später in Polen, findet sich Karol besser zurecht und durch den Einkauf mehrerer Ländereien wird er reich. Als reicher Geschäftsmann will er sich nun an Doninique rächen. Im 1. Teil, der u.a. im kühlen Blau daher kam, spielte in Frankreich und vom Wetter her schien die Sonne und es war angenehm. In Polen hingegen ist es kalt und es liegt überall Schnee (Schnee = Weiß). In so einigen Szenen dominiert die Farbe Weiß. Etwa wenn Karol und Dominique in Polen miteinander schlafen und es dabei keine Probleme gibt und dieser sexuelle Rausch beim beiderseitigen Orgasmus in hellem Weiss über- und ausblendet. Von allen drei Filmen, ist dieser Mittelteil der seltsamste und komischste. Kieslowski machte daraus eine Art Tragikomödie mit absurden Situationen und Szenerien. Allerdings eine, bei der es im Grunde eher nichts richtiges zum lachen gibt. Zuviel Leid und Schmerz haben sich Karol und Dominique zugefügt. Aufgrund ihrer Handlungsweisen haben sich Dominique und Karol ihr jeweiliges ganz eigenes Gefängnis geschaffen. Hinzu kommt noch einer, der des Lebens überdrüssig ist und einfach sterben will. Aber,... seht am besten selbst.

Die Bluray Ausgabe vom Label Concorde

Wie ich im 1. Teil Blau kurz erwähnte, so kommen hier Leute vor, die man im Vorfilm sah. Während der Gerichtsszenerie versucht eine Person den Gerichtssaal zu betreten, wird aber vom diensthabenden Wachmann abgewimmelt. Diese Person ist Julie, die man aus dem 1. Teil kennen gelernt hat. Julie hatte heraus gefunden, das ihr verstorbener Mann ein Verhältnis mit einer Anwältin gehabt hat und diese wollte sie im Justizgebäude aufsuchen. Diese Szenerie sieht man somit auch im 1. Teil, nur aus einem anderen Blickfeld. Auch sah man kurz aus Julies Sicht, Dominique auf der Bank sitzen und Karol von hinten, der mit dem Rücken zur Tür stand. Hier Im 2. Teil sieht man diese Szenerie ebenfalls beiläufig, weil sich die Kamera dabei langsam an Karol und seinem Anwalt vorbei bewegt und man im Hintergrund kurz sieht, wie Julie versucht den Gerichtssaal zu betreten. Ein ganz minimaler Auftritt von Juliette Binoche in diesem Film, wie der von Delpy und Zamachowski im 1. Teil und genial von Kieslowski inszeniert. Ihm kam es u.a. auf kleine Details an, wie sie sich im Alltagsleben der Menschen zutragen. Man geht irgendwo hin, durch die Strassen oder in ein Gebäude sieht beiläufig kurz irgendwelche Leute. Man begegnet Menschen ohne das sie sich sehen oder es kommen diverse Details vor, die vermeintlich erst mal keine Bedeutung haben, aber es dennoch im weiteren Verlauf sind. Diese Aspekte werden im 3. Teil noch stärker betont. Hier bekommt man auch wieder eine alte Person zu sehen, diesmal ein alter Mann, der eine Flasche in den Flaschencontainer tun will. Karol, der zu dem Zeitpunkt nicht weiß, wo er übernachten soll, sitzt Abends auf der Straße und beobachtet denjenigen dabei. Karol bleibt mit einer Art hilflosem Lächeln sitzen. Er kann nicht und andere Leute sehen den alten Mann nicht. Gleich ist für Kieslowski gar nichts, denn er meinte damals, das niemand in Wirklichkeit Gleichheit wolle. Dafür steht die Hauptfigur Karol, denn der will keine Gleichheit, sondern beweisen, das er besser, als andere ist. Der Zyniker K. Kieslowski machte aus dem thematischen Begriff Gleichheit einen zynischen Film. Aber das er nicht nur der Pessimist vom Dienst war, beweist seine Trilogie im Ganzen, doch davon später,... im fulminanten letzten Teil.

Fortsetzung folgt.........!

GrafKarnstein

am 22.03.2018 um 15:17:58 UhrZitieren  Melden
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DREI FARBEN: ROT
(Trois Couleurs: Rouge)
Frankreich / Schweiz 1994

Iréne Jacob - VALENTINE // Jean-louis Trintignant - DER RICHTER
Frédérique Feder - KARIN // Jean-Pierre Lorit - AUGUSTE

Regie: KRZYSZTOF KIESLOWSKI

Laufzeit ca. 99 min (Bluray)



Valentine ist Studentin der Pariser Universität und ist 23 Jahre alt. Feste Vorstellungen, wie ihr Leben einmal aussehen und verlaufen soll, hat sie noch nicht so recht. Einen Freund hat sie zwar, aber der befindet sich derzeit wegen Arbeit in England und sie telefonieren oft miteinander. Eines Abends fährt sie versehentlich einen Hund an und lernt dadurch dessen Besitzer, einen pensionierten Richter kennen. Der scheint nicht sonderlich interessiert an seinem Hund zu sein und Valentine merkt, das sie es mit einem alten verbitterten Mann zu tun hat, der von den Menschen nicht all zu viel hält. Der Richter beschäftigt sich allerdings vielmehr damit, die Telefongespräche seine unmittelbaren Nachbarn abzuhören und per Tonband aufzuzeichnen. Wegen all dem ist Valentine verstört und ist der Ansicht, das man so was nicht tun soll. Aber auf eine gewisse Art und weise fühlt sie sich zu dem alten Zyniker hingezogen und beide lernen sich näher kennen. Bei den vielen Begegnungen und Gesprächen zwischen den beiden, beginnt sich der Richter so langsam aus seiner starren Haltung zu lösen, während Valentine wiederum aus seinen Lebenserfahrungen lernt.

Mit dem jungen aufstrebenden Juristen Auguste -Valentines Nachbar- und dessen ihn betrügenden Geliebten Karin, fügt Kieslowski in dieser Geschichte ein zweites Paar hinzu. Durch das Abhören der Telefone, weiß der Richter über dieses Paar Bescheid und in Augustes Schicksal als Betrogener wiederholt sich spiegelbildlich die Geschichte des Richters, der in seiner Jugend ebenfalls von seiner Frau betrogen worden ist. Die Wege von Valentine und Auguste kreuzen sich fast täglich und weder ahnen sie etwas voneinander, noch haben sie sich je gesehen. Der Richter jedoch ist in seiner besonderen weisen Voraussicht nicht untätig.

Nach Blau (Freiheit) und Weiß (Gleichheit) steht nun im letzten Teil die Farbe Rot im Vordergrund, die für Brüderlichkeit steht. Und wie sollte es auch anders sein, so ist hier Rot die dominierende Farbe, die immer wieder auftaucht bzw. zu sehen ist. Valentine ist neben ihrem Studium auch ein Werbemodel, das auf einem riesigen Werbebanner mit rotem Hintergrund auf der Straße zu sehen ist. Oder gewisse Szenerien, wo man z.B. das rote Rücklicht eines Autos sieht, das widerum an einer Ampel hält, die gerade auf rot steht. Ferner sind hier Schauplätze/Orte zu sehen, an denen sich u.a. Valentine aufhält, die scheinbar nebensächlich erscheinen, sich allerdings später bedeutungsvoll erweisen. Das sind beispielsweise alles so Kleinigkeiten aus dem Alltag der Menschen, die Kieslowski ganz bewußt mit eingebaut hatte. Auch lebt der Film von seinen charakterlichen Gegensätzen. Valentine glaubt an das Gute im Menschen, während der Richter mit seinem Zynismus dies nicht tut und diese eher verachtet. Beider Leben ist leer. Sie ist allein und streitet sich immer mehr am Telefon mit ihrem Freund, der ja in England ist. Irgendwie merkt sie, das sie doch nicht zueinander passen. Der Richter wiederum lebt zurückgezogen und hat sich u.a. mit seinem Selbsthass eingeschlossen. Valentine und der Richter profitieren jedoch voneinander, je mehr sie Zeit miteinander verbringen und sich besser kennenlernen. Valentine ist ein hilfsbereiter Mensch und Kieslowski macht dies z.B. besonders in der Szene deutlich, wo man nun wieder diese alte gebrechliche Frau sieht (auch im Film Blau zu sehen, Anmerk.), die hier wieder eine Flasche in den Container tun will. Valentine sieht dies und ist nun diejenige, die der alten Frau behilflich ist (Brüderlichkeit). Hier schloss Kieslowski seinen Kreis, was dann nochmal am tragischen, aber fulminanten Schluss sehr verdeutlicht wird, wo alle Hauptpersonen der gesamten Trilogie durch ein tragisches Unglück zusammen kommen.

Auch hier sind die Darsteller ebenso klasse, wie in den Vorfilmen. Kieslowskis Wahl auf Iréne Jacob erwies sich genau richtig. Mit ihr in der Haupt-Doppelrolle hatte er schon den Film DIE ZWEI LEBEN DER VERONIKA (1991) gemacht. Jacobs Valentine ist eine warm- und offenherzige, aber auch zart aussehende junge Frau und stellt hier den Gegenpol zu der Figur des alten Richters dar. Jean-Louis Trintignant als Richter erwies sich in dieser Rolle mal wieder, als sichere Bank. Einfach klasse, wie er den alten Zyniker darstellt, der Menschen nur noch verachtet und von denen er auch nichts positives mehr erwartet. Trintignant schien hier geradezu prädestiniert dafür zu sein, denn er passt sowas von vorzüglich in diesen Part, wie das berühmte Amen in der Kirche.


Was allen drei Filmen gemein ist, ist...

1. Das jeweils ein Paar im Mittelpunkt der jeweiligen Geschichten steht. In Blau ist es Julie & Olivier, in Weiss sind es Karol und Dominique, und in Rot ist es Valentine & der alte Richter.

2. Das sie mit alltäglichen Dingen beginnen, die die Menschen nutzen. Bei Blau ist es das Auto, was man als erstes zu sehen bekommt. In Weiss ist es der Koffer auf dem Fließband und in Rot ist es das Telefon. Kieslowski erklärte damals, das er bewusst diese Gegenstände zuerst eingesetzt hat, um zu zeigen, das diese Dinge von den Menschen wie selbstverständlich genutzt werden, diese aber auch jederzeit Gefahren in sich bergen können. In Blau sterben infolge des Autounfalls zwei Menschen. In Weiß setzte sich Karol unbewusst der Gefahr aus, indem er innerhalb dieses Koffers nach Polen reist. In Rot werden die Telefongespräche diverser Leute abgehört, ohne das sie es wissen.

3. Das in allen drei Geschichten immer das Justizgebäude mit einbezogen wird bzw. irgendwelche Juristen, die dort u.a. agieren. In Blau ist es Julie, die das Gebäude aufsucht, um jene Anwältin zu kontaktieren, die mit ihrem Mann ein Verhältnis gehabt hat. In Weiß sind es Karol und Dominique, die wegen ihrer Scheidung dort anwesend sind. Und in Rot ist es der Richter, der sich wegen seiner illegalen Abhöraktionen selbst angezeigt hat und Auguste, der dort ebenfalls tätig ist.

4. Das alle drei Filme mit Schmerz, Tränen und Leid enden. Das ist äußerst krass, aber dennoch gibt es bei jedem Ende positive Hoffnung auf ein Weiterleben. Wenn Julie am Ende von Blau allein dasitzt, dem Europakonzert lauscht und ihr einige Tränen aus den Augen kommen, dann sieht man sie auch ein wenig lächeln. Ein Hoffnungsschimmer, der diese Endszene in schönem Blau erstrahlen lässt. Bei Weiß sieht man Karol am Ende weinen und Dominique ist diejenige, die ihm mit Zeichensprache Hoffnung gibt für eine gemeinsame positive Zukunft. In Rot kommen am Schluss alle Hauptpersonen der Trilogie zusammen, da alle am Ende gemeinsam eine Katastrophe überlebt haben. Kieslowski ist trotz dieser Tragik ein sehr starkes Ende gelungen, der alle Charaktere nochmals zusammen bringt. Das inszeniert er gekonnt, indem er es dem Zuschauer als einfache Nachrichtensendung im TV präsentiert, wo man alle nochmals zu sehen bekommt. Das ist wie mit den alltäglichen Nachrichten, die man zu sehen bekommt, indem irgendwelchen Leuten irgendwas passiert ist. Kieslowski, der ein sehr guter Personenbeobachter war galt seinerzeit als jemand, der sich nichts vormachte und das Leben in seiner ganzen realistischen Härte betrachtete. Durch seine genauen Beobachtungen und Erfahrungen wusste er nur zu gut über die Fragilität mitmenschlicher Beziehungen der Menschen bescheid und warnte in seinen Filmen davor. Er verstand seine Filme als Plädoyer, die eher für einen alltäglichen gesunden Humanismus in einer immer kälter werdenden Umwelt stehen. In diesem Sinne gestaltete er vorher schon seinen 10 teiligen Dekalog und seine Drei Farben Trilogie und setzte dementsprechend alles in Szene und hatte bei dieser Trilogie die alleinige Kontrolle. Filmisch und inszenatorisch hat er alles so gemacht, wie er es gewollt hat und nichts dem Zufall überlassen.

5. Das die Filmmusiken der Trilogie von Zbigniew Preisner komponiert worden ist. Kieslowski lag sehr viel an der Musik, da diese für ihn ebenso wichtig war und er arbeitet mit dem Komponisten eng zusammen. Die Musik ist es auch, die jede Farbe musikalisch charakterisiert.

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Alle drei Filme fanden bei der Kritik ein ganz hervorragendes positives Echo. Kieslowski wurde wegen seiner kühlen Logik gelobt, weil er es u.a. verstand, diese mit einer tiefen Intimität zu verbinden. Blau wurde 1993 auf den Filmfestspielen in Venedig mit 3 goldenen Löwen ausgezeichnet. Für den besten Film, beste Darstellerin Juliette Binoche und für die beste Kamera Slawomir Idziak. Für Weiß erhielt Kieslowski 1994 bei den Filmfestspielen in Berlin den silbernen Bären, für die beste Regie. Nach dieser/seiner Trilogie kündigte 1994 der damals 53 jährige Kieslowski seinen Rückzug vom Kino an. Laut Info. fühlte er sich physisch und psychisch von seiner ganzen Arbeit erschöpft. Kieslowski verstarb mitte März 1996. Mit ihm verlor die Filmwelt einen im Grunde einzigartigen und klugen Regisseur, dessen Hauptvermächtnis definitiv sein zehnteiliger Dekalog und besonders die Drei Farben Trilogie sind. Diese Drei Filme kann man auch als ein filmisches Lehrbuch über das Leben von Menschen betrachten. Jeder andere Filmemacher hätte sehr wahrscheinlich aus den Themen hier irgendwas anderes fabriziert und womöglich "Luftschlösschen" gebaut. Nicht jedoch Kielowski, der all die Bilder, Gefühle, kleine Dinge ect. usw. zu einem großen Ganzen verband und auf eine geniale brillante Weise ein Trilogie Meisterwerk schuf!

Höchstnote 10/10 Trilogien & Gesellschaftsdramen :topsmilie: . :biglaugh:
GrafKarnstein

am 29.03.2018 um 18:30:19 UhrZitieren  Melden
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